Cerro Torre, endlich!!

So wenig hatte gefehlt und wir wären letztes Jahr auf dem Cerro Torre gestanden! Aber eben, wir waren nicht oben. Ich wusste genau, dass es einfach nicht das gleiche ist wie im Sommer. Trotzdem wollte ich unbedingt im Winter dort hoch.

Da kam der Telefonanruf von Stephan Siegrist gerade recht. Thomas Huber und er würden in zwei Wochen in den Winter nach Patagonien fliegen.“ Ob ich Lust hätte mitzukommen?“. Motiviert war ich natürlich schon. Aber die Zeit von Juli und August war nicht gerade ideal, denn als Bergführer ist in dieser Zeit Hauptsaison. Ich beschloss trotzdem mitzugehen.

Es zeichnete sich bereits vor unserem Abflug ein Schönwetter-Fenster ab. Und dann war es auch nicht erstaunlich, dass wir am Tag nach unserer Ankunft bereits Richtung Cerro Torre gestartet sind. „Der Jetlag geht ja schneller vorbei, wenn du draussen bist!“. Also los!

Nach zwei Tagen waren wir am Fusse der Westwand auf der Hinterseite des Torre. Bis dort war alles reibungslos gelaufen. Dann drehte sich aber das Glück. Ein nicht funktionierendes Satelliten- Telefon ärgerte Thomas so sehr, dass er aus Unachtsamkeit seinen Helm nicht fixiert hatte und schon war der weg. Die Form des Helmes ist ja nicht gerade so, dass er dann sofort stoppt. Er flog und rollte runter bis auf den Gletscher! Jetzt mussten wir erstmals schauen, dass nicht alles aus dem Ruder lief.

Thomas ging seinen Helm suchen. Steph und ich machten einen Material-Transport und Tibo richtete unser Biwak ein. Rund zwei Stunden später waren alle wieder zurück im Biwak. Thomas wieder mit Helm!

Geschlafen haben wir sowieso nicht gut. Aber dann wurden wir vom lautem Rufen und Geschrei definitiv geweckt. Es waren noch andere Bergsteiger unterwegs. Und dies lautstark! Die Chilenen hatten natürlich leichtes Spiel, denn in unserer Spur konnten sie ohne Anstrengung aufsteigen. Als sie dann an uns vorbeikletterten, dachten wir, dass sie jetzt mal vorne den Weg suchen und eine Spur machen. Falsch gehofft. Denn sobald unsere Spur fertig war, setzten sie sich hin und warteten auf uns. Wir gingen vorbei und waren auch froh, dass niemand vor uns war, der etwas runterschmeissen konnte. Das grosse Problem war, dass es erst um 9 Uhr begann hell zu werden. Zum Glück hatte sich im Vergleich zum letzten Jahr nicht viel verändert, dies machte die Suche nach der Route einfacher. Die erste schwere Seillänge am „Helm“ war schnell geklettert. Und dann ging’s in die Headwall. Es ist immer wieder erstaunlich, wie klein wir in dieser Umgebung sind. Hunderte von Tonnen Eis neben und über uns. Wir kamen ganz gut voran. Als wir dann über der Headwall waren, glaubten wir es schon bald geschafft zu haben. Fehlanzeige! Denn die letzte Seillänge auf den Gipfelpilz war ein riesiger überhängender Schneehaufen. Ich hatte sowas noch nie zuvor gesehen. Es brauchte viel Überwindung an diesem Teil zu klettern. Erschwerend kam hinzu, dass dort wo ich klettern wollte, zwei horizontale Risse durchs Eis zogen. Trotzdem stieg ich dann ein und war sehr glücklich diese Seillänge geschafft zu haben. Noch ein kurzer Aufschwung und wir waren auf dem Gipfel des Cerro Torre! Überglücklich standen wir oben und genossen die letzten Sonnenstrahlen. Denn es war schon 18 Uhr!

Wir machten uns ans Abseilen. Die Sonne verschwand und es wurde sofort wieder stockdunkel. Wo waren die Chilenen geblieben? Weit unten sahen wir Stirnlampen. Aber dort regte sich wenig. Als wir bei ihnen waren, wiederholte sich das Spiel vom Morgen wieder. Sie liessen uns passieren und folgten uns auf dem Rückweg. Sie baten uns auch noch, nicht weitere Distanzen als 55 Meter von Stand zu Stand zu machen. Denn sie hatten nicht 60 Meter-Seile wie wir. Wir sahen uns auch ein wenig in der Verantwortung und kamen ihrer Bitte nach. Es machte uns aber schon nachdenklich, was solche Leute mit so wenig Erfahrung am Cerro Torre zu suchen haben. Dann noch im Winter! Zum Glück kamen dann alle heil runter. Nach zwei weiteren Biwaks und insgesamt 5 Tagen in den Bergen genossen wir die Zivilisation von El Chalten in vollen Zügen…

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